ADHS und Wechseljahre:
Wenn hormonelle Veränderungen das Chaos im Kopf verstärken
Vergesslichkeit, innere Unruhe, Stimmungsschwankungen, Schlafprobleme – viele Frauen erleben diese Symptome rund um die Wechseljahre. Doch was, wenn das nicht „nur Hormone“ sind?
Was, wenn du schon vorher oft zerstreut, reizoffen oder überfordert warst – und jetzt das Gefühl hast, dass alles noch intensiver Psychotherapie München wird?
Für Frauen mit ADHS (diagnostiziert oder unerkannt) können die Wechseljahre eine besonders herausfordernde Zeit sein.
In diesem Beitrag erfährst du, warum sich ADHS-Symptome in dieser Lebensphase oft verstärken – und wie du gut für dich sorgen kannst, wenn dein Nervensystem plötzlich noch empfindlicher reagiert als sonst.
Wenn die innere Ordnung kippt: Was im Körper passiert
Die Wechseljahre (Perimenopause und Menopause) bringen eine natürliche Veränderung des Hormonhaushalts mit sich – insbesondere der Östrogen- und Progesteronspiegel schwanken und sinken. Diese Hormone haben nicht nur Einfluss auf den Zyklus, sondern auch auf das Gehirn und die Reizverarbeitung.
Vor allem Östrogen spielt eine wichtige Rolle im Zusammenspiel mit Dopamin – dem Botenstoff, der bei ADHS ohnehin eine zentrale Rolle spielt. Wenn der Östrogenspiegel sinkt, kann das auch zu einem Rückgang der Dopaminaktivität führen. Die Folge: ADHS-Symptome werden spürbarer – auch bei Frauen, die vorher gut kompensieren konnten oder gar nichts von ihrer neurodiversen Veranlagung wussten.
Typische Erfahrungen in den Wechseljahren mit (unerkanntem) ADHS:
- Das Gedankenkarussell wird lauter – Grübeln und Reizüberflutung nehmen zu
- Die Konzentration lässt nach, selbst bei vertrauten Aufgaben
- Emotionale Reaktionen werden intensiver – von Reizbarkeit bis tiefer Traurigkeit
- Das Energielevel schwankt stark: Zwischen Erschöpfung und innerer Rastlosigkeit
- Der Alltag fühlt sich plötzlich „zu viel“ an – obwohl sich objektiv kaum etwas verändert hat
- Selbstzweifel nehmen zu: „Warum kriege ich nichts mehr gebacken?“
- Vergesslichkeit wird belastend – Termine, Namen, Worte entgleiten öfter
Viele Frauen fragen sich in dieser Phase: „Verliere ich den Verstand?“ oder „Bin ich einfach nicht mehr belastbar?“
Doch vielleicht ist es nicht der Beginn eines Abbaus – sondern der Moment, in dem eine schon lange bestehende, bisher kompensierte ADHS sichtbar wird.
ADHS erst in der Lebensmitte erkennen – warum das häufig passiert
Viele Frauen bekommen ihre ADHS-Diagnose erst in den 40ern oder 50ern – und sind schockiert, wie gut alles plötzlich passt. In der Kindheit waren sie vielleicht verträumt, sensibel oder extrem angepasst. Im Erwachsenenalter funktionierten sie oft irgendwie – durch Struktur, Überanpassung, Perfektionismus oder ständige Selbstkritik.
In den Wechseljahren fallen diese Kompensationen häufig weg. Das Nervensystem wird durch hormonelle Schwankungen reizbarer, die emotionale Selbstregulation wackelt, die mentale Belastbarkeit nimmt ab. Plötzlich ist alles, was früher „noch ging“, zu viel. Und das kann ein tiefer Wendepunkt sein – schmerzhaft, aber auch heilsam.
Was dir jetzt helfen kann
🌀 1. Verstehen, was passiert – und dich nicht verurteilen
Es ist nicht „deine Schuld“, wenn du in dieser Phase emotionaler reagierst, weniger konzentriert bist oder dich überfordert fühlst.
Es ist ein Zusammenspiel aus hormonellen, neurologischen und psychischen Faktoren.
Das zu verstehen, ist der erste Schritt zu mehr Mitgefühl mit dir selbst.
🧠 2. Auf ADHS testen lassen – auch als Erwachsene
Wenn du das Gefühl hast, dass dich viele ADHS-Merkmale betreffen (auch schon früher im Leben), kann eine fachlich fundierte Diagnose neue Klarheit bringen.
Denn mit der richtigen Einschätzung lassen sich gezielt Wege finden, dich zu unterstützen – medikamentös, therapeutisch, strukturell oder über Coaching.
🌿 3. Deine Bedürfnisse radikal ernst nehmen
In den Wechseljahren verändert sich nicht nur dein Hormonhaushalt – auch deine Belastungsgrenzen und Bedürfnisse verschieben sich.
Was du brauchst, ist nicht mehr „nur funktionieren“, sondern bewusstere Selbstfürsorge:
- Mehr Pausen, weniger Perfektion
- Klarere Grenzen, weniger soziale Pflichten
- Mehr Struktur, aber mit Flexibilität
- Impulse, die dich nähren – statt neue Reizfluten
💛 4. Gefühle willkommen heißen – auch die unordentlichen
Tränen, Wut, Überforderung – all das darf sein. Gerade wenn ADHS und hormonelle Umstellungen zusammentreffen, ist die emotionale Intensität oft hoch.
Aber sie ist kein Zeichen von Schwäche. Sie ist Ausdruck deines offenen, feinen Nervensystems.
Du darfst lernen, dich auch in emotionalen Wellen zu halten – statt sie wegzudrücken.
Fazit: Die Wechseljahre als Chance für ehrliche Selbstbegegnung
So fordernd diese Zeit auch sein mag – sie kann ein Tor zu etwas ganz Neuem öffnen.
Wenn du bisher funktioniert hast, ohne dich selbst richtig zu spüren, bringt dich diese Lebensphase zurück in den Kontakt mit deinem Inneren.
Vielleicht ist jetzt der Moment, dich nicht länger an ein System anzupassen, das nicht zu dir passt – sondern deine ganz eigene Lebensweise zu finden:
Mit weniger Selbstzweifel. Mehr Verständnis. Und einem Alltag, der deinem Nervensystem entspricht.
Denn du bist nicht zu empfindlich. Du bist nicht „drüber“.
Du bist genau richtig – in deiner Tiefe, in deiner Intensität, in deiner Andersartigkeit.
Gerade jetzt.